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Stärke statt Schwäche
von Mariia
Am 24. Februar 2022 änderte sich vieles, auch mein Leben. Der Krieg begann.
Von diesem Punkt an begann mein Weg als erwachsene, verantwortungsvolle Person. Ich war gerade 18 Jahre alt, als ich mich im Keller meiner Schule vor Raketen versteckte. Schon nach drei Wochen trafen meine Familie und ich die schwerwiegende Entscheidung, ins Ausland zu fliehen, um Schutz zu suchen. Meine Mutter und ich verließen Saporischschja, während meine Schwester mit ihrer Schwiegermutter und unserer Katze aus Odessa abreiste. Wir wussten nicht, wo wir uns treffen würden oder wohin wir fuhren. Während der Reise lasen wir im Internet, dass Polen und Deutschland überfüllt waren, aber es noch Platz in Österreich geben würde.
Die Reise war lang. Wir fuhren drei Tage und hofften, dass wir uns in Wien treffen würden. Schließlich trafen wir uns am Wiener Hauptbahnhof, von wo aus wir zum Zentrum für Flüchtlinge fuhren. Dort wurde uns gesagt, dass in Wien kein Platz für uns war, aber sie uns nach St. Martin im Mühlkreis schicken könnten. Wir fuhren mit einem großen Bus dorthin, zusammen mit anderen Ukrainer:innen, die Schutz suchten.
Nachdem wir in St. Martin übernachtet hatten, half meine Schwester, die Deutsch spricht, den Freiwilligen des Roten Kreuzes beim Übersetzen und Zusammenstellen von Dokumenten für andere Vertriebene. Am nächsten Tag lernten wir eine nette Freiwillige, Sophie, kennen, die uns ihre Hilfe anbot. Ihre Eltern waren bereit, uns aufzunehmen, aber es gab keinen freien Platz für vier Personen in ihrem Haus. Sie fragten ihre Nachbarn, ob die ebenfalls bereit wären, uns aufzunehmen. So lernten wir die Familien Hochenburger und Auberger kennen.
Meine Mutter und ich lebten im selben Haus, während meine Schwester und ihre Schwiegermutter in einem anderen Haus gleich in der Nähe unterkamen. Ich hatte gerade meine ukrainische Schule abgeschlossen und musste mich entscheiden, was ich als Nächstes tun wollte, entweder zur Schule gehen oder arbeiten. Ich versuchte es zwei Tage lang an einer österreichischen Schule, aber es war zu schwer für mich, ohne Deutschkenntnisse und mit gebrochenem Englisch. Ab diesem Zeitpunkt begann ich, Deutsch zu lernen.
Mein lieber Freund Toni, bei dem meine Schwester wohnte, bot mir einen Ferienjob im Altenheim an. Es gefiel mir so gut, dass ich mich sechs Monate später dazu entschied, mich für die Ausbildung zur Fachsozialbetreuerin in der Altenarbeit anzumelden.
Während dieser Zeit motivierte mich mein Gastgeber Roland, der sich selbst immer als meine Muse bezeichnete, zum Malen und Kreativ sein. Er lieh mir seine Materialien: Farben, Pinsel, Papier und sogar sein Arbeitszimmer – alles, was ich brauchte. Schon in der Ukraine hatte ich die Kunstschule abgeschlossen und in Österreich setzte ich das Malen dank seiner Unterstützung fort.
So vergingen die ersten drei Monate in Österreich. Fremde Menschen wurden zu unserer Unterstützern, Helfern und Freunden. Wir fanden Arbeit und zogen nach Linz, wo wir bis heute wohnen. Es gab viele schwierige Momente für mich, in denen ich nicht mehr wie ein Kind sein konnte und Verantwortung übernehmen musste. Der Krieg hat viele Leben zerstört, aber ich bin dankbar, dass es ehrliche und gute Menschen gibt, die ich in dieser Zeit getroffen habe. Meine Geschichte ist ein Dankeschön an diese Menschen für alles, was sie für uns getan haben.